Zuhören….

4 Hunde – 4 Persönlichkeiten.


Cosma
Möchte Cosma eigentlich jeden Tag spazieren gehen?
Wenn ich zu den Hundeleinen greife, dann kommen alle Hunde ganz aufgeregt herbei gelaufen.
Fröhlich laufen die Hunde um mich herum (jedenfalls deute ich es so) und ich muss diesen Haufen fröhlich, aufgeregter Hunde erst einmal zur Ruhe ermahnen.
Während die anderen Hunde sich so aufgeregt um mich herum gebaren, steht Cosma eher auf Abstand zu mir und schaut mir direkt in die Augen.
Sie schaut mich an und dann wieder zum Hunde Raum wo ihr gemütliches Hundesofa steht.
Wenn ich sie rufe , dann kommt sie artig heran, setzt sich hin und lässt sich anleinen. Wenn ich sie jedoch frage ob sie lieber hier bleiben möchte und ich dann für sie die Tür zum Hunde Raum öffne, dann ist sie voller Begeisterung, hüpft fröhlich herum und „strahlt“ mich an.

Loki
Je größer die Hundegruppe ist, desto mehr „Anspannung“ ist in Loki.
Die Rute aufgestellt und gerne „hin und her“ pendelnd zwischen dem am weitesten entfernten Hunde der Gruppe und mir. Stets bekomme ich fragende Blicke von Loki.
Ich deute diese Blicke von ihr immer so, dass Loki mich fragt, ob sie die Gruppe für mich „regeln“ soll. Oder als Frage von ihr, ob auch ich sehe, dass einige Hunde unsere Gruppen- „Regeln“ nicht beachten :-).
Wenn ich ihr sage, dass alles so in Ordnung ist und das sie nach hinten gehen soll, dann folgt sie meiner Anweisung sofort.
Sie läuft dann wie „angetackert“ an meiner hinteren linken Seite und streift gerne beim Gehen ihre Nase an meinem linken Bein. Je entspannter die Gruppe ist, desto entspannter läuft auch Loki.
Wahrscheinlich würden andere Menschen dieses Verhalten gar nicht erkennen. Loki sprengt keinesfalls die Gruppe oder ist irgendwie „nervig“ – nur „schlendert“ sie halt nicht und sie ist auch nicht wirklich entspannt.

Holly
Holly geht sehr gerne spazieren, nur mag sie eigentlich keine anderen Hunde. Die Autofahrt im Kofferraum mit bis zu 10 Hunden ist ein Graus für Holly.
Es ist ihr zu eng! Sie wird „berührt“ und Hunde überschreiten ihre Individualdistanz. Sie knurrt dann viel und zieht sich in die hinterste Ecke des Kofferraums zurück. Sie weiss, dass sie das aushalten muss – sonst bekommt Holly Ärger von mir – aber man sieht ihr an, dass sie diese Nähe nur schwer ertragen kann.
Schon jeden Gasthund bei uns im Haus empfindet Holly als „Zumutung“. Dürfte sie sich so verhalten, wie sie es in sich spürt, dann würde sie jedem Gasthund erst einmal zur Begrüßung kräftig einen „rein hauen“.
Ich weiss das und ich sag ihr jeden Tag auf`s neue wenn die Gasthunde unser Haus betreten: „Holly lass das!“
Ich muss nicht schimpfen. Es ist ein leises Gespräch zwischen uns. Ich berühre sie und sage: „Holly reiß Dich zusammen!“ Sie nörgelt dann leise rum und zieht sich zurück.
Beim Spaziergang würde sie gerne 20 Meter vorweg laufen und sie geht auch nie in Kontakt mit den anderen Hunden. Holly macht ihr eigenes Ding und hofft, dass sie in Ruhe gelassen wird.

Joleen
Joleen liebt unsere Gruppenausflüge.
Jedenfalls habe ich es immer so gesehen…. Im Moment verändert sich gerade mein Blick auf Joleen. Ich habe das Gefühl, ich muss ihr besser „zuhören“.
Joleen rennt für ihr Leben gerne. Sie hat viel Energie und kann sich kaum beherrschen nicht immer in diese Energie zu kippen.
Wenn man sie beobachtet, dann könnte man denken sie ist ganz besonders „glücklich“ wie sie da so rennt und springt.

Nun hatte ich aber vor einigen Wochen ein Erlebnis:
Wir sind spazieren gegangen und mussten an einem Hof vorbei gehen, an dem 2 Schäferhunde mit lautem Gebell ihr Grundstück verteidigten. Ich hatte Joleen an der Leine und sie war komplett überfordert mit diesen pöbelnden Hunden am Zaun.
Sie hüpfte an der Leine neben mir, bellte und war mega aufgeregt mit dem Drang nach Vorne – Flucht oder Angriff. Hätte ich sie los gemacht, sie hätte sich auf die Hunde hinter dem Zaun gestürzt.
Als wir an dem Grundstück vorbei waren und auch die Hunde hinter dem Zaun sich beruhigt hatten, da machte ich Joleen wieder von der Leine. Und was macht dieser Hund?
Sie rennt, und rennt, und rennt, und rennt, und rennt …..
Kopflos immer um mich herum. Ohne Sinn, ohne Ziel – einfach des Rennens wegen. Kann es sein, liebe Frau bagger, dass Joleen inneren Streß „wegrennt“? Ist sie deshalb immer so „energiegeladen“ bei unseren Spaziergängen? Ist ihr Gerenne gar keine „Freude an der Bewegung“ sondern eher ein „Wegrennen“ vor innerem Streß?
Sie ist ein eher unsicherer Hund und sehr sensibel.
Bei Kundenhunden erkenne ich das sofort – bei meiner Joleen war ich da wohl lange etwas „blind“ unterwegs.
Nun schaue ich ganz genau hin und stelle fest, dass seit ich so genau schaue und ihr Hilfe anbiete wenn sie anfängt zu rennen, sie immer „näher“ an mich heran kommt und mich oft als Halt nutzt.
Ich sehe, dass die anderen Hunde nicht wirklich „nett“ zu Joleen sind. Joleen wird gerne umgerannt oder in den Nacken gebissen.
Joleen kann (noch) nicht da stehen und sich „verteidigen“ – dazu ist sie zu jung und sie hat auch dieses „Standing“ (noch) nicht.
Sie rennt den Streß weg – und Joleen ist schnell!
Ich ärgere mich das ich sie nicht von Anfang an besser unterstützt habe…. Ich VOLLHORST!!!

Was mache ich nun mit diesen Informationen – mit diesen „Geschichten“ die sie mir erzählen?
Ich bin mir sehr sicher, dass alle meine 4 Hunde gut geführte Hunde sind. Ich übernehme immer die Verantwortung für sie und ich versuche unser gemeinsames Leben so gut es geht für uns entspannt zu gestalten.

Ich bin mir aber genauso sicher, dass alle 4 Hunde meines Rudels ganz schnell an ihre Grenzen kommen würden, wenn ich unser Zusammenleben nicht „regeln“ würde.

Würde ich nicht dafür sorgen, dass Cosma ausreichend Ruhe bekommt und in einer ganz besonderen „Nähe“ zu mir leben dürfte – es könnte sein, dass sie irgendwann an ihre Grenzen stoßen würde.

Würde ich nicht dafür sorgen, dass Holly genügend Freiraum bekommt und nicht in ständigen Kontakt mit anderen Hunden sein müsste – sie würde irgendwann vor Überforderung und innerer Not an ihre Grenzen stoßen.

Würde ich nicht dafür sorgen, dass Loki sich nicht verantwortlich fühlt für das Regeln der Hundegruppe – sie würde irgendwann überarbeitet an ihre Grenzen stoßen.

Würde ich nicht dafür sorgen, das Jollen von mir geschützt wird und in Ruhe ihre Welt kennen lernen darf – sie würde irgendwann nicht mehr rennen wollen und dann?

Was passiert wenn Hunde an ihre Grenzen stoßen? Es sind alles sehr gut geführte und gut erzogene Hunde. Aber es sind Hunde und sie würde versuchen ihr Leben nach ihren Bedingungen lebbarer zu machen.
Die einen gehen „nach Vorne“ die anderen werden „still“. Beides (!!!) ist aus der Not geboren.

Meine Augen sehen im Moment viele Hunde die versuchen das Leben für sich lebbarer zu machen. Ich habe mir vorgenommen noch genauer hin zu schauen …..
Es macht Spaß und es fühlt sich gut an.